Eine Smart Factory ist also eine ziemlich moderne Sache. Damit das funktioniert braucht es ein paar betriebliche und technische Grundbedingungen. In diesem Abschnitt lernen Sie, was eine Smart Factory unbedingt benötigt. Sie werden sehen, das ist eine ganze Menge!
Wichtig
Der Datenaustausch
Die Bedingungen beginnen schon beim Datenaustausch selbst. Eine Smart Factory tauscht eine große Menge an Informationen aus. Dieser Datenaustausch muss dabei nach folgenden
Grundregeln ablaufen können:
Bidirektionaler Datentransfer
Der Informationsaustausch funktioniert in beide Richtungen (sowohl Informationen senden als auch empfangen).
Horizontaler und vertikaler Datentransfer
Der Informationsaustausch erfolgt sowohl vertikal über unterschiedliche Abteilungen (z. B: Kundenauftragsmanagement, Fabrikhalle, Produkt) als auch horizontal (Maschine A zu Maschine B in der Fabrikhalle).
Da das Ziel eine Erfassung der wichtigen Prozessdaten in der Produktion in Echtzeit ist, müssen betriebliche Steuerungssysteme im Datenaustausch integriert sein. Diese betrieblichen Steuerungssysteme sind Konzepte, die bei der Führung, Kontrolle und Steuerung von Unternehmen im Produktionssektor helfen. Folgende sind dabei unbedingt miteinzubeziehen:
Enterprise-Resource-Planning
Hier werden Ressourcen wie Material und Betriebsmittel, aber auch Personal, Kapital und generell Informationstechnik geplant, gesteuert und verwaltet.
Manufacturing-Execution
Damit ist die Steuerung und Kontrolle der Echtzeit-Produktion gemeint (im Deutschen auch als Produktionsleitsystem bezeichnet).
Product-Lifecycle-Management
Ein Konzept, bei dem es um den Lebenszyklus (von Entwurf über Konstruktion und Produktion bis zum Verkauf, Nutzung und Entsorgung) geht und der Verwaltung der dabei generierten Informationen.
Supply-Chain-Management
Die Verwaltung und Verbesserung der Lieferkette, also das Zuliefern und Empfangen von Produktions- und Dienstleistungsgütern.
Selbstverständlich braucht es auch technologische Bausteine und Vorrausetzungen, damit eine Smart Factory in Echtzeit funktionieren kann. Einige der wichtigsten sind bereits entwickelt und im Einsatz. Das sind ganz allgemeine Bauteile wie Sensoren („Messfühler“ die ihre Umgebung auf physikalische oder chemische Eigenschaften erfassen können) und Aktoren (Bauteile die elektrisch angesteuert mechanische Bewegungen ausführen). Wichtig sind hier moderne automatisierbare Produktionstechniken wie Robotik und der 3D-Druck aber auch verschiedene betriebliche Anwendungen der IT, z. B. für die Produktionssteuerung und das Controlling. Auch die Vernetzung über Breitband-Internet und die Ansteuerung über Cloud-Systeme (externe Server, die Rechenleistung zur Verfügung stellen) sind bereits technisch möglich.
Andere Systeme und Bausteine stecken allerdings noch in den Kinderschuhen, wie beispielsweise Augmented-Reality – hier wird die wahrgenommene Realität mit den Informationen eines Computers
„erweitert“ (Bsp.: Google Glass). Folgende Tabelle gibt einen kleinen Überblick über die benötigten technologischen Bausteine:
Exkurs
Industrie und Fabriken im Wandel
Wenn man Smart Factory als einen Teil von Industrie 4.0 definiert ist es logisch, dass es da auch eine Industrie 1.0., 2.0 und 3.0 gegeben haben muss.
Während die erste und zweite Stufe der Industrialisierung die Einführung von mechanischen Produktionsanlagen und der Massenproduktion zur Folge hatte, ging es in der Industrie 3.0 bereits um Automatisierung, den Einsatz von IT und Elektronik – allerdings ohne dass diese Komponenten miteinander in Echtzeit kommunizieren und Einfluss aufeinander ausüben.
Wie eben erwähnt, sind einige notwendige Technologien bereits im Einsatz, als Weiterentwicklungen dieser industriellen Vorstufen, andere müssen jedoch erst komplett neu entwickelt werden. Dabei gibt es auch Einflüsse aus nichtindustriellen Bereichen. Das „Internet der Dinge“ spielt hier eine große Rolle und ist im privaten Sektor bereits breiter bekannt als die Vernetzung der Haushaltsgeräte (Beispiel: Handy erkennt, dass Sie nach Hause kommen und schaltet automatisch die Lichter in der Wohnung ein, gleichzeitig kocht die Kaffeemaschine einen Espresso und der Fernseher schaltet die Nachrichten ein).
Die Industrie 4.0 muss die Internet-der-Dinge-Technologien auf eine industrielle Ebene befördern und in einen wirtschaftlich profitablen Rahmen setzen. Nur so kann eine wirklich neue und vierte „Industrierevolution“ gelingen.
Natürlich sind viele diese Technologien auf den ersten Blick allein dem Namen nach in Sinn und Funktion etwas intransparent. Deshalb sollen die wichtigsten in der Folge etwas genauer erläutert werden:
Cyber-physikalische Systeme (CPS)
Das wichtigste zuerst: CPS sind der technische Grundbaustein einer jeden Smart Factory. Auch als Embedded Systems (zu Deutsch: eingebettete Systeme) bezeichnet, ist damit jegliche elektronische und informationstechnische Ausrüstung von Objekten in der Produktionsumgebung gemeint. Das können sein:
Sensoren, für das direkte Umfeld des Objekts
Aktoren, die Objekte aktiv bewegen (zum Beispiel Hebel)
Identifikatoren, um Objekte eindeutig identifizieren und zuordnen zu können (z. B. Barcode)
Mikrocontroller (oben erwähnte Chips), die Daten analysieren, den Status feststellen und die nächsten Arbeitsschritte bestimmen
Kommunikationssysteme, die über Kabel oder Funk Zugang ins Netzwerk ermöglichen
Damit wird ein Objekt erst „smart“ – also intelligent. Beispiele für so ein smartes Objekt in der Produktionsumgebung sind Werkzeuge oder auch intelligente Behälter. Ein so ein Behälter ist über seinen Barcode identifizierbar und liefert aufgrund von Sensoren und Mikrocontrollern Auskunft über Position und Inhalt.
IPv6 – viele, viele Internetadressen
Eine weitere Basis für die Smart Factory Entwicklung stellt ein neues Internetprotokoll dar. Ein solches kann erst einen ausreichend großen sogenannten „Adressraum“ gewährleisten. Je mehr intelligente Objekte miteinander verbunden sind, desto mehr Internet-Adressen muss es auch geben, damit diese unmissverständlich angesprochen werden können.
Breitbandnetzwerke
Smart Factories erzeugen, senden, empfangen und verarbeiten eine Unmenge an Daten. Das muss schnell passieren – sonst kann nicht in Echtzeit gearbeitet werden. Dafür werden Breitbandnetzwerke benötigt, um genügend hohe Datenübertragungsraten zu gewährleisten, Verzögerungszeiten gering zu halten und eine Ausfallsicherheit zu bieten.
Wichtig
WLAN und Mobilfunk
Innerbetrieblich ist damit natürlich simpel gesagt einfach ein starkes WLAN notwendig
– außerbetrieblich muss aber auch an die Mobilfunknetze gedacht werden (Beispiel: LKW, der über den Mobilfunk automatisch die empfangende Fabrik von einem Stau und damit verspäteten Ressourcen informiert).
Weitere technologische Bausteine sind interagierende Maschinen, die sich automatisiert mit anderen Maschinen und den Produkten austauschen können. Dabei werden Materialdaten, Auftragsinformationen, der aktuelle Status und Instandhaltungsmaßnahmen kommuniziert. Außerdem sammeln sie Daten über ihren Systemzustand – im Prinzip, „wie es ihnen so geht“. Laufende Prozesse können so in Echtzeit analysiert und (nach-)geregelt werden.
Human-Machine-Interfaces (HMI)
Die Interaktion von Mensch, Maschine und Produkt (merke: in echten Smart Factories müssen alle drei intelligent sein) ist besonders spannend. Während hochmobile Geräte wie Tablets und Smartphones zwar bereits eine unmittelbare Einbindung des Menschen in das Netzwerk und die Kommunikation einer Smart Factory bietet, ist hier noch viel Forschungsspielraum.
Eine hochmoderne, alternative Methode ist bereits der vereinzelte Einsatz von Augmented-Reality Brillen, die virtuell ergänzend die Beschäftigten in der Produktionsumgebung mit Informationen versorgen.
Diese wurden oben in den betrieblichen Steuerungssystemen bereits erwähnt und dienen zur Verwaltung von Ressourcen (Betriebsmittel, Personal und Lieferteile) und zur umfassenden Erfassung von Produktionsdaten (Betriebs-, Maschinen- und Personaldaten).
Solche Produktionsleitsysteme existieren zwar bereits schon sehr lange, allerdings sind sie noch nicht vollständig vernetzt. Erst wenn sie in Echtzeit mit Fertigungsanlagen, den Logistiksystemen und den Produkten Informationen austauschen können, wird das volle Potential einer Smart Factory freigesetzt.
Big Data Analytics
Wenn in Echtzeit alles und jeder Daten generiert, verarbeitet und sendet, dann ergeben sich natürlich enorme Datenmengen – diese wollen und müssen von entsprechender IT-Infrastruktur und IT-Ausrüstung ordentlich behandelt werden. Die weitere Analyse setzt ebenfalls eine hohe Rechenkapazität voraus.
Big-Data-Management und Big-Data-Analytics werden mit Standardlösungen am Markt zwar schon angeboten bzw. als integrierte Cloud-Lösung durchgeführt – die Anforderungen steigen jedoch immer weiter.
Cloud-Computing und Speicherplatz
Cloud-Computing meint das externe Nutzen von Rechenleistung und Speicherplatz, die über ein Inter- oder Intranet zur Verfügung gestellt werden. Bei den hohen Ansprüchen zur Datenleistung ist die Integration einer „Cloud“ in einer Produktionsumgebung keine schlechte Idee. So können alle Anwendungen und Daten zentral verwaltet und koordiniert werden.
Bisher verwendete, innerbetriebliche Serverlösungen können den Ansprüchen von Big Data Verarbeitung und den Voraussetzungen einer Smart Factory für Analyse, Planung, Regelung und Optimierung in Echtzeit nicht mehr gerecht werden.
Wichtig
Und der Mensch?
In diesem Kapitel haben Sie gelernt, dass die Produktion weitgehend ohne den Menschen auskommen soll, jetzt allerdings wieder, dass der Mensch über Augmented-Reality doch integriert wird – ja was denn jetzt?
Nun, auch wenn sich die Smart Factory grundlegend selbst organisieren und den Fertigungsprozess automatisieren soll, ist der Mensch trotzdem noch ein Teil – nur eben nicht mehr in der Rolle der Produktion, sondern der weiteren Optimierung und Kontrolle der produzierenden Systeme. Dabei stimmt er beispielsweise Schnittstellen zu anderen Systemen oder Produktionsumgebungen ab. Hier ist auch Augmented-Reality als Konzept wichtig – sie ermöglicht ein virtuelles Eingreifen, ganz ohne physischen Kontakt.
Eine Smart Factory braucht außerdem noch generalisierte Standards und Normen. Eine gemeinsame semantische Basis (d. h. kompatible Programmiersprachen und eine universelle Produktionssprache) ist unbedingt notwendig. Eine Standardisierung von Smart Factory Betrieben kann verhindern, dass Systeme, die eigentlich miteinander kommunizieren sollten, sich am Ende aufgrund technologischer Unterschiede doch nicht verstehen.
Beispiel
Rechtliche Herausforderungen in der Smart Factory
Die raschen technologischen Entwicklungen werfen auch rechtliche Fragen auf, die zum Teil noch nicht vollständig gelöst sind. Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik:
Ein Lieferant bekommt von einem Unternehmen eine Bestellung. Das Unternehmen verarbeitet Knetmasse zu lustigen Tieren und verkauft diese dann an Spielwarenläden. Dabei nutzt das Unternehmen eine Smart Factory, ist also sowohl mit dem Lieferanten (rohe Knetmasse) als auch mit den Abnehmern (Spielwarenladen) automatisiert vernetzt. Eine Bestellung wurde nun jedoch aufgrund einer vom System fehlerhaft verarbeiteten Kundennachfrage geschickt und ist viel höher, als das Unternehmen verarbeiten oder lagern kann. Das Unternehmen will natürlich den Überschuss nicht bezahlen, die Spielwarenhändler brauchen sowieso keine so riesige Menge an Knetmassetierchen und der Lieferant ist sauer, weil er umsonst Knetmasse hergestellt hat.
Wer ist nun schuld? Wer muss zahlen, wenn der Fehler ein System verursacht hat, das alle drei Parteien miteinbezieht? Hier ist das Recht noch nicht klar genug ausgelegt.
Außerdem stellt sich noch die Frage des Datenschutzes, der Compliance und der Verschwiegenheit innerhalb von Partnerschaften. Wenn alle Daten ausgetauscht werden, ist auch gleichzeitig alles offengelegt. Welche der zur Verfügung gestellten Daten dürfen beispielsweise vom Lieferanten genutzt werden? Zu welchem Zweck? Auch hier müssen noch Konzepte entwickelt werden.
Merken
Smart Factory bedarf einiger betrieblicher und technischer Voraussetzungen, um die angestrebte Vernetzung und den Datenaustausch in Echtzeit zu ermöglichen.
Die wichtigsten technologischen Bausteine sind:
Cyber-Physical-Systems
Big Data und Cloud-Computing
Breitband und ausreichender Adressraum
Human-Machine-Interfaces
Integration von betrieblichen Produktionsleitsystemen
Der Mensch ist nicht mehr Teil der Produktion, sondern kontrolliert und optimiert die Produktionsprozesse.
Smart Factories müssen auch in einem rechtlichen Rahmen betrachtet werden – Standards und Normen können dabei helfen.
Eine Smart Factory ist also eine ziemlich moderne Sache. Damit das funktioniert braucht es ein paar betriebliche und technische Grundbedingungen. In diesem Abschnitt lernen Sie, was eine Smart Factory unbedingt benötigt. Sie werden sehen, das ist eine ganze Menge!
Wichtig
Der Datenaustausch
Die Bedingungen beginnen schon beim Datenaustausch selbst. Eine Smart Factory tauscht eine große Menge an Informationen aus. Dieser Datenaustausch muss dabei nach folgenden
Grundregeln ablaufen können:
Der Informationsaustausch funktioniert in beide Richtungen (sowohl Informationen senden als auch empfangen).
Der Informationsaustausch erfolgt sowohl vertikal über unterschiedliche Abteilungen (z. B: Kundenauftragsmanagement, Fabrikhalle, Produkt) als auch horizontal (Maschine A zu Maschine B in der Fabrikhalle).
Da das Ziel eine Erfassung der wichtigen Prozessdaten in der Produktion in Echtzeit ist, müssen betriebliche Steuerungssysteme im Datenaustausch integriert sein. Diese betrieblichen Steuerungssysteme sind Konzepte, die bei der Führung, Kontrolle und Steuerung von Unternehmen im Produktionssektor helfen. Folgende sind dabei unbedingt miteinzubeziehen:
Hier werden Ressourcen wie Material und Betriebsmittel, aber auch Personal, Kapital und generell Informationstechnik geplant, gesteuert und verwaltet.
Damit ist die Steuerung und Kontrolle der Echtzeit-Produktion gemeint (im Deutschen auch als Produktionsleitsystem bezeichnet).
Ein Konzept, bei dem es um den Lebenszyklus (von Entwurf über Konstruktion und Produktion bis zum Verkauf, Nutzung und Entsorgung) geht und der Verwaltung der dabei generierten Informationen.
Die Verwaltung und Verbesserung der Lieferkette, also das Zuliefern und Empfangen von Produktions- und Dienstleistungsgütern.
Selbstverständlich braucht es auch technologische Bausteine und Vorrausetzungen, damit eine Smart Factory in Echtzeit funktionieren kann. Einige der wichtigsten sind bereits entwickelt und im Einsatz. Das sind ganz allgemeine Bauteile wie Sensoren („Messfühler“ die ihre Umgebung auf physikalische oder chemische Eigenschaften erfassen können) und Aktoren (Bauteile die elektrisch angesteuert mechanische Bewegungen ausführen). Wichtig sind hier moderne automatisierbare Produktionstechniken wie Robotik und der 3D-Druck aber auch verschiedene betriebliche Anwendungen der IT, z. B. für die Produktionssteuerung und das Controlling. Auch die Vernetzung über Breitband-Internet und die Ansteuerung über Cloud-Systeme (externe Server, die Rechenleistung zur Verfügung stellen) sind bereits technisch möglich.
Andere Systeme und Bausteine stecken allerdings noch in den Kinderschuhen, wie beispielsweise Augmented-Reality – hier wird die wahrgenommene Realität mit den Informationen eines Computers
„erweitert“ (Bsp.: Google Glass). Folgende Tabelle gibt einen kleinen Überblick über die benötigten technologischen Bausteine:
Exkurs
Industrie und Fabriken im Wandel
Wenn man Smart Factory als einen Teil von Industrie 4.0 definiert ist es logisch, dass es da auch eine Industrie 1.0., 2.0 und 3.0 gegeben haben muss.
Während die erste und zweite Stufe der Industrialisierung die Einführung von mechanischen Produktionsanlagen und der Massenproduktion zur Folge hatte, ging es in der Industrie 3.0 bereits um Automatisierung, den Einsatz von IT und Elektronik – allerdings ohne dass diese Komponenten miteinander in Echtzeit kommunizieren und Einfluss aufeinander ausüben.
Wie eben erwähnt, sind einige notwendige Technologien bereits im Einsatz, als Weiterentwicklungen dieser industriellen Vorstufen, andere müssen jedoch erst komplett neu entwickelt werden. Dabei gibt es auch Einflüsse aus nichtindustriellen Bereichen. Das „Internet der Dinge“ spielt hier eine große Rolle und ist im privaten Sektor bereits breiter bekannt als die Vernetzung der Haushaltsgeräte (Beispiel: Handy erkennt, dass Sie nach Hause kommen und schaltet automatisch die Lichter in der Wohnung ein, gleichzeitig kocht die Kaffeemaschine einen Espresso und der Fernseher schaltet die Nachrichten ein).
Die Industrie 4.0 muss die Internet-der-Dinge-Technologien auf eine industrielle Ebene befördern und in einen wirtschaftlich profitablen Rahmen setzen. Nur so kann eine wirklich neue und vierte „Industrierevolution“ gelingen.
Natürlich sind viele diese Technologien auf den ersten Blick allein dem Namen nach in Sinn und Funktion etwas intransparent. Deshalb sollen die wichtigsten in der Folge etwas genauer erläutert werden:
Cyber-physikalische Systeme (CPS)
Das wichtigste zuerst: CPS sind der technische Grundbaustein einer jeden Smart Factory. Auch als Embedded Systems (zu Deutsch: eingebettete Systeme) bezeichnet, ist damit jegliche elektronische und informationstechnische Ausrüstung von Objekten in der Produktionsumgebung gemeint. Das können sein:
Damit wird ein Objekt erst „smart“ – also intelligent. Beispiele für so ein smartes Objekt in der Produktionsumgebung sind Werkzeuge oder auch intelligente Behälter. Ein so ein Behälter ist über seinen Barcode identifizierbar und liefert aufgrund von Sensoren und Mikrocontrollern Auskunft über Position und Inhalt.
IPv6 – viele, viele Internetadressen
Eine weitere Basis für die Smart Factory Entwicklung stellt ein neues Internetprotokoll dar. Ein solches kann erst einen ausreichend großen sogenannten „Adressraum“ gewährleisten. Je mehr intelligente Objekte miteinander verbunden sind, desto mehr Internet-Adressen muss es auch geben, damit diese unmissverständlich angesprochen werden können.
Breitbandnetzwerke
Smart Factories erzeugen, senden, empfangen und verarbeiten eine Unmenge an Daten. Das muss schnell passieren – sonst kann nicht in Echtzeit gearbeitet werden. Dafür werden Breitbandnetzwerke benötigt, um genügend hohe Datenübertragungsraten zu gewährleisten, Verzögerungszeiten gering zu halten und eine Ausfallsicherheit zu bieten.
Wichtig
WLAN und Mobilfunk
Innerbetrieblich ist damit natürlich simpel gesagt einfach ein starkes WLAN notwendig
– außerbetrieblich muss aber auch an die Mobilfunknetze gedacht werden (Beispiel: LKW, der über den Mobilfunk automatisch die empfangende Fabrik von einem Stau und damit verspäteten Ressourcen informiert).
Machine-to-Machine Kommunikation (M2M) – intelligente Maschinen
Weitere technologische Bausteine sind interagierende Maschinen, die sich automatisiert mit anderen Maschinen und den Produkten austauschen können. Dabei werden Materialdaten, Auftragsinformationen, der aktuelle Status und Instandhaltungsmaßnahmen kommuniziert. Außerdem sammeln sie Daten über ihren Systemzustand – im Prinzip, „wie es ihnen so geht“. Laufende Prozesse können so in Echtzeit analysiert und (nach-)geregelt werden.
Human-Machine-Interfaces (HMI)
Die Interaktion von Mensch, Maschine und Produkt (merke: in echten Smart Factories müssen alle drei intelligent sein) ist besonders spannend. Während hochmobile Geräte wie Tablets und Smartphones zwar bereits eine unmittelbare Einbindung des Menschen in das Netzwerk und die Kommunikation einer Smart Factory bietet, ist hier noch viel Forschungsspielraum.
Eine hochmoderne, alternative Methode ist bereits der vereinzelte Einsatz von Augmented-Reality Brillen, die virtuell ergänzend die Beschäftigten in der Produktionsumgebung mit Informationen versorgen.
Produktionsleitsysteme – Manufacturing-Execution-Systems (MES)
Diese wurden oben in den betrieblichen Steuerungssystemen bereits erwähnt und dienen zur Verwaltung von Ressourcen (Betriebsmittel, Personal und Lieferteile) und zur umfassenden Erfassung von Produktionsdaten (Betriebs-, Maschinen- und Personaldaten).
Solche Produktionsleitsysteme existieren zwar bereits schon sehr lange, allerdings sind sie noch nicht vollständig vernetzt. Erst wenn sie in Echtzeit mit Fertigungsanlagen, den Logistiksystemen und den Produkten Informationen austauschen können, wird das volle Potential einer Smart Factory freigesetzt.
Big Data Analytics
Wenn in Echtzeit alles und jeder Daten generiert, verarbeitet und sendet, dann ergeben sich natürlich enorme Datenmengen – diese wollen und müssen von entsprechender IT-Infrastruktur und IT-Ausrüstung ordentlich behandelt werden. Die weitere Analyse setzt ebenfalls eine hohe Rechenkapazität voraus.
Big-Data-Management und Big-Data-Analytics werden mit Standardlösungen am Markt zwar schon angeboten bzw. als integrierte Cloud-Lösung durchgeführt – die Anforderungen steigen jedoch immer weiter.
Cloud-Computing und Speicherplatz
Cloud-Computing meint das externe Nutzen von Rechenleistung und Speicherplatz, die über ein Inter- oder Intranet zur Verfügung gestellt werden. Bei den hohen Ansprüchen zur Datenleistung ist die Integration einer „Cloud“ in einer Produktionsumgebung keine schlechte Idee. So können alle Anwendungen und Daten zentral verwaltet und koordiniert werden.
Bisher verwendete, innerbetriebliche Serverlösungen können den Ansprüchen von Big Data Verarbeitung und den Voraussetzungen einer Smart Factory für Analyse, Planung, Regelung und Optimierung in Echtzeit nicht mehr gerecht werden.
Wichtig
Und der Mensch?
In diesem Kapitel haben Sie gelernt, dass die Produktion weitgehend ohne den Menschen auskommen soll, jetzt allerdings wieder, dass der Mensch über Augmented-Reality doch integriert wird – ja was denn jetzt?
Nun, auch wenn sich die Smart Factory grundlegend selbst organisieren und den Fertigungsprozess automatisieren soll, ist der Mensch trotzdem noch ein Teil – nur eben nicht mehr in der Rolle der Produktion, sondern der weiteren Optimierung und Kontrolle der produzierenden Systeme. Dabei stimmt er beispielsweise Schnittstellen zu anderen Systemen oder Produktionsumgebungen ab. Hier ist auch Augmented-Reality als Konzept wichtig – sie ermöglicht ein virtuelles Eingreifen, ganz ohne physischen Kontakt.
Eine Smart Factory braucht außerdem noch generalisierte Standards und Normen. Eine gemeinsame semantische Basis (d. h. kompatible Programmiersprachen und eine universelle Produktionssprache) ist unbedingt notwendig. Eine Standardisierung von Smart Factory Betrieben kann verhindern, dass Systeme, die eigentlich miteinander kommunizieren sollten, sich am Ende aufgrund technologischer Unterschiede doch nicht verstehen.
Beispiel
Rechtliche Herausforderungen in der Smart Factory
Die raschen technologischen Entwicklungen werfen auch rechtliche Fragen auf, die zum Teil noch nicht vollständig gelöst sind. Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik:
Ein Lieferant bekommt von einem Unternehmen eine Bestellung. Das Unternehmen verarbeitet Knetmasse zu lustigen Tieren und verkauft diese dann an Spielwarenläden. Dabei nutzt das Unternehmen eine Smart Factory, ist also sowohl mit dem Lieferanten (rohe Knetmasse) als auch mit den Abnehmern (Spielwarenladen) automatisiert vernetzt. Eine Bestellung wurde nun jedoch aufgrund einer vom System fehlerhaft verarbeiteten Kundennachfrage geschickt und ist viel höher, als das Unternehmen verarbeiten oder lagern kann. Das Unternehmen will natürlich den Überschuss nicht bezahlen, die Spielwarenhändler brauchen sowieso keine so riesige Menge an Knetmassetierchen und der Lieferant ist sauer, weil er umsonst Knetmasse hergestellt hat.
Wer ist nun schuld? Wer muss zahlen, wenn der Fehler ein System verursacht hat, das alle drei Parteien miteinbezieht? Hier ist das Recht noch nicht klar genug ausgelegt.
Außerdem stellt sich noch die Frage des Datenschutzes, der Compliance und der Verschwiegenheit innerhalb von Partnerschaften. Wenn alle Daten ausgetauscht werden, ist auch gleichzeitig alles offengelegt. Welche der zur Verfügung gestellten Daten dürfen beispielsweise vom Lieferanten genutzt werden? Zu welchem Zweck? Auch hier müssen noch Konzepte entwickelt werden.
Merken
Smart Factory bedarf einiger betrieblicher und technischer Voraussetzungen, um die angestrebte Vernetzung und den Datenaustausch in Echtzeit zu ermöglichen.
Die wichtigsten technologischen Bausteine sind:
Der Mensch ist nicht mehr Teil der Produktion, sondern kontrolliert und optimiert die Produktionsprozesse.
Smart Factories müssen auch in einem rechtlichen Rahmen betrachtet werden – Standards und Normen können dabei helfen.